Am 22. Januar 2025 feierte das DWA-Klärschlammnetzwerk Nord-Ost sein 10-jähriges Jubiläum im Hotel Steglitz International in Berlin. Über 100 Teilnehmende, darunter Fachleute, Referierende und Aussteller, kamen zusammen, um aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen in der Klärschlammverwertung zu diskutieren.
Die Veranstaltung bot ein vielseitiges Vortragsprogramm, ergänzt durch ein integriertes Ausstellerforum und eine begleitende Fachausstellung. Besonders hervorzuheben war das neue World-Café-Format, das einen interaktiven Austausch zu zentralen Themen ermöglichte.
Die Veranstaltung wurde mit einer eindrucksvollen Begrüßung durch den DWA-Landesverbandsvorsitzenden Herrn Prof. Barjenbruch eröffnet. In seiner Ansprache würdigte er die Bedeutung des Netzwerks für die Branche und betonte die Erfolge der vergangenen Jahre. Anschließend gab Frau Sens einen Rückblick auf die erfolgreiche Entwicklung des DWA-Klärschlammnetzwerks Nord-Ost, dass gemeinsam mit den Aufgabenträgern der Wasser- und Abwasserwirtschaft am 27. Januar 2015 ins Leben zu rufen wurde. Ziel war es, den Herausforderungen der Klärschlammentsorgung durch ein gemeinschaftliches Vorgehen der Anlagenbetreiber zu begegnen. In den vergangenen zehn Jahren hat sich das Netzwerk als zentrale Plattform für den Austausch und die Weiterentwicklung der Klärschlammbewirtschaftung etabliert und umfasst heute 65 Aufgabenträger mit rund 190 Kläranlagen. Frau Sens dankte allen Netzwerkmitgliedern für die hervorragende Zusammenarbeit und das große Engagement und hob hervor, wie wichtig eine enge Kooperation und der kontinuierliche Wissenstransfer für die Wasser- und Abwasserwirtschaft sind.
Patric Heidecke vom Umweltbundesamt Dessau-Roßlau betonte in seinem Vortrag die Notwendigkeit, mittelfristig ausreichende Verbrennungskapazitäten für die thermische Behandlung von Klärschlämmen zu schaffen. Im Jahr 2022 betrug das Gesamtaufkommen an Klärschlamm 1,67 Mio. t TM, von denen etwa 80 % thermisch behandelt wurden, während ca. 18 % in der Landwirtschaft und im Landschaftsbau Verwendung fanden. Obwohl derzeit rund 938.000 t genehmigte Kapazitäten existieren, liegt die tatsächlich verfügbare Kapazität bei nur 740.000 t. Herausforderungen wie lange Realisierungszeiträume, begrenzte Verfügbarkeit von Anlagenbauunternehmen und parallele Planungen führen dazu, dass die erforderliche Behandlungskapazität mit Blick auf 2029/2032 weiterhin unsicher bleibt.
Hinsichtlich der Phosphor-Rückgewinnung wies Herr Heidecke darauf hin, dass nach aktuellem Planungsstand bis 2029 lediglich für 41 % der P-rückgewinnungspflichtigen Klärschlämme Kapazitäten geschaffen werden könnten. Wesentliche Hemmnisse sind die fehlenden wirtschaftlichen Anreize für vorzeitige Investitionen sowie die Option der Zwischenlagerung der Klärschlammverbrennungsasche auf Deponien.
Die Phosphor-Rückgewinnung aus Klärschlamm und das Ende der Abfalleigenschaft bringen auch eine Vielzahl an rechtlichen Fragestellungen mit sich, insbesondere in Bezug auf Kosten, Pflichten und Unternehmerentscheidungen. Dem widmete sich RA Turgut Pencereci von der GKMP Pencereci Partnergesellschaft Bremen eingehend. Die Kosten der Phosphorrückgewinnung aus Klärschlamm sind schon vor 2029 gebührenfähig. Diese Kosten gelten als überobligatorisch, weil sie zwar vor der gesetzlichen Verpflichtung entstehen, aber zu einer höheren Reinigungsqualität des Abwassers durch eine verbesserte Phosphor-Eliminierung beitragen. Laut Pencereci wird es entscheidend sein, besonnene Investitionsentscheidungen zu treffen, die sowohl den rechtlichen Vorgaben als auch wirtschaftlichen Aspekten Rechnung tragen.
Der Markt für Phosphor-Recyclate ist grundsätzlich vorhanden, allerdings sind die Qualitätsanforderungen der Landwirte hoch, wie Reinhard Elfrich vom Bundesverband der Düngermischer e.V. in seinem Vortrag berichtete. Die Akzeptanz hängt von der pflanzenverfügbaren Form des Phosphors ab, aber auch die Konsistenz und Reinheit der Recyclate sind entscheidend. Insbesondere ist hier die Schadstoffbelastung durch Schwermetalle zu nennen.
In einige Feldversuchen konnten bereits getestete Kulturpflanzen, wie z. B. Mais, ähnliche Ergebnisse erzielen wie mit Triple Superphosphaten (TSP). Jedoch sind nach Aussage von Herrn Elfrich noch Langzeitversuche erforderlich, um die langfristige Wirksamkeit des Düngers in der Fruchtfolge abschließend zu bewerten. Insgesamt sieht Herr Elfrich Potenzial für Phosphor-Recyclate, aber es gibt noch einige Hürden auf dem Weg zur Marktdurchdringung.
Im Rahmen des Ausstellerforums gingen die teilnehmenden Fachaussteller auf die Themen Entfernung von Phosphaten, Thermische Klärschlammverwertung sowie Erfahrungen zur Phosphor-Rückgewinnung der Pilotanlage Bottrop näher ein, deren Nachfragen direkt in der Fachausstellung geklärt werden konnten.
Im anschließenden World-Café-Format hatten die Teilnehmenden die Gelegenheit, sich aktiv in die Diskussion zentraler Fragestellungen rund um das Thema Klärschlamm einzubringen. An drei moderierten Stationen wurden die Schwerpunkte Monodeponierung von Aschen, Energiegewinnung aus Klärschlamm sowie Anforderungen an P-Recyclate gemeinsam bearbeitet. Die gesammelten Erkenntnisse und Perspektiven wurden im Plenum zusammengefasst und vorgestellt. Der direkte, offene Austausch in diesem neuen Format wurde von den Teilnehmenden sehr positiv aufgenommen – eine Wiederholung bei künftigen Netzwerktagen ist daher fest eingeplant.
Danach stellte Herr Könemann, HanseWasser Bremen, den aktuellen Stand der Phosphorrückgewinnung vor. Die Preise der Klärschlammentsorgung sind aufgrund der hohen Nachfrage in der Landwirtschaft und der Mitverbrennung weiterhin niedrig. Gleichzeitig bleiben die Investitionskosten für den Bau von Verbrennungs- und P-Rückgewinnungsanlagen hoch. Viele Klärschlammerzeuger zeigen sich aktuell noch zurückhaltend gegenüber den Mehrkosten vor 2029. In seinem Fazit hält Herr Könemann fest, dass ein früher Aufbau technischer Anlagen wirtschaftlich sinnvoll ist. Klärschlammerzeuger tragen hier eine besondere Verantwortung und sollten schon jetzt Teilmengen für eine P-Rückgewinnung in Ausschreibungen berücksichtigen.
In seinem Vortrag präsentierte Herr Bernhardt, SWS Energie GmbH, das Modell zur erneuerbaren Energieversorgung der Stadt Stralsund mit Fokus auf das Blockheizkraftwerk (BHKW) und die innovative Kraft-Wärme-Kopplungsanlage (IKWK). Das 2023 ausgezeichnete BHKW nutzt dank Wärmepumpen, Generatorkühlung und zusätzlichem Wärmetauscher effizient unvermeidbare Abwärme. Dadurch steigt die Wärmeauskopplung um 15 %, was zur Zertifizierung als erneuerbare Wärme führte. Die Stadt Stralsund profitiert von einer jährlichen CO₂-Einsparung von ca. 3.000 Tonnen, geringeren Kosten für Bürger und einer besseren Gebäudebilanz. Ab 2025 wird das Konzept durch den Einsatz der IKWK mit einer großen Solarthermieanlage, einem weiteren BHKW mit Wärmepumpe und einer Power-to-Heat-Anlage ergänzt. Laut Aussage von Herrn Bernhardt ist die Inbetriebnahme für Juli 2025 geplant und bringt zusätzliche CO₂-Einsparungen.
Wir bedanken uns bei allen Mitgliedern des DWA-Klärschlammnetzwerkes Nord-Ost sowie bei den Referierenden, die unsere Veranstaltung fachlich unterstützt haben. Alle Vorträge wurden in einem digitalen Tagungsband zusammengestellt, den Sie im geschützten Netzwerkbereich finden.